Edinburgh als Schnellbesohlung

Schon in der Weg vom Bahnhof zum Hostel ließ mir schmerzlich bewusst werden, dass ein Tag in dieser Stadt viel zu wenig ist. Aber immerhin wurde ich auf der Royal Mile, die vom Palast hoch zum Castle führt, direkt vom ersten Dudelsackspieler begrüßt. Mal sehen, wie viele mir auf der Reise noch begegnen.




Fasziniert haben mich besonders die 'Closes', die kleinen schmalen Auf- bzw. Abgänge von der Royal Mile. Sie sind benannt nach den Orten, zu denen sie führen. Manchmal trifft man darin auf Kunst, Gärten, das ein oder andere Geheimnis oder sogar ein Schriftstellermuseum (das ich leider viel zu spät entdeckt habe 😢). Wenn die Royal Mile die Wirbelsäule der Stadt ist, mit dem Castle als Kopf, dann sind die Closes die Rippen. Sie dienen nicht nur der Orientierung, denn jede dieser Gassen führt hinauf zur Royal Mile, sie bieten auch eine kurze Auszeit vom Trubel da oben. Einst gab es über 200 mit ständig wechselnden Namen, nun sind noch etwas über 80 erhalten geblieben, genauso wie ihre Namen.





Edinburgh ist eine magische Stadt und das sit nicht erst seit Harry Potter ein Thema. Schottland ist das Land in Europa, in dem die meisten Hexenprozesse stattgefunden haben und mittlerweile weiß man das auch gut zu vermarkten. Es gibt einige hippe Esoterikläden und die eine oder andere okkulte Gastwirtschaft.



So entschloss ich mich für den abgebrochenen Abend natürlich auch wieder zu einer kleinen Mystery-Tour, auf der viele Infos rund um historische Personen mit Neigung zu den schwarzen Künsten, (immer noch) spukende Geister und natürlich die Geschichte der Stadt preisgegeben wurden.

Da das kulturelle Überangebot dieser Stadt mich völlig überwältigt hat, kam ich nicht umhin mir am Morgen danach noch eine "normale" Stadtführung zu geben. Ich werde Mal versuchen beide Touren sinnvoll zu verbinden 😉

Greyfriars Kirkyard, ist einer der berühmtesten Friedhöfe in Edinburgh. Im 17. JH. wurde in der Stadt viel Forschung am Mensch betrieben. Hauptsächlich am toten, kriminellen Mensch. Als dann die Todesstrafen allmählich abnahmen, bekam man ein Leichenproblem und begann ein lukratives Geschäft aus der Friedhofsgräberei zu machen. Greyfriars Kirkyard war später ein Ort, an dem man besonders wohlhabende Herrschaften begrub. Damit lohnte sich das Business natürlich doppelt: es gab eine Belohnung für den Körper zu Forschungszwecken und man konnte gleich noch die ein oder andere Wertsache mit bergen.

Aber die Bevölkerung war natürlich erfinderisch: so fing man an die Gräber extra mit Gittern zu sichern 🙈



Das wohl berühmteste Grab ist das Mausoleum von George MacKenzie. Er war einst Jurist und der heimliche Folterknecht von Greyfriar's Covenanter's Prison. Mr. MacKenzie wünschte sich selbst nach dem Tod in der Nähe des Gefängnisses begraben zu werden, um als Poltergeist zurück zu kehren und die Insassen weiter zu quälen. Der Wunsch wurde ihm erfüllt und manch ein Friedhofsbesucher berichtet immer noch von einer Kraft, die ihm den Hals zuschnürt.


Man musste übrigens nicht zwingend in diesem Gefängnis bleiben. Die Gefangenen hätten einfach nur unterschreiben müssen, dass sie zum katholischen Glauben konvertieren und sie wären freie Menschen gewesen.


Ein immer noch sehr unterhaltsamer Ort ist der Grassmarket. Gesäumt von vielen Pubs diente er früher schon der Unterhaltung: die Hinrichtungen wurden hier vollstreckt. Die Stelle des früheren Galgenplatzes markiert nun ein Denkmal.


Daher kommt übrigens auch das englische Wort 'Hangover' für den Kater nach der Party. Eine Hinrichtung galt zu Zeiten ohne Fernseher als höchst unterhaltsames Event. Danach ging man in den Pub und begoss das Erlebnis - und "when the hang was over" hatte man am nächsten Tag einen schweren Kopf 🥴

Eine berühmte Hingerichtete ist 'Half hanging' Mary Dickson. Sie wurde hingerichtet, weil sie ihre Schwangerschaft versteckte, denn ihr war unverheiratet ein kleines Malheur passiert. Nachdem man ihren vermeintlich leblosen Körper dann in den Sarg verfrachtet hatte, klopfte sie von innen und man ließ sie wieder frei, da man in Schottland zu dieser Zeit nicht 2x für das gleiche Vergehen bestraft werden durfte. Manche sahen sie als Hexe, andere als heilige. Wie dem auch sei, sie ist berühmt. Und was machen die Schotten, um ihren Berühmtheiten ein Denkmal zu setzen? Sie benennen einen Pub nach ihnen 🍻


Genauso verfahren sie übrigens auch mit Kirchen, die nicht mehr benötigt werden 😅



Die Victoria Street soll J.K. Rowling als Inspiration für die Winkelgasse gedient haben. Was bei den zauberhaft bunten Lädchen gar nicht so weit hergeholt zu sein scheint. 



Nicht nur einen sprichwörtlichen Fußabdruck hat die Autorin hier hinterlassen, auch ihre Hände durfte sie auf dem Edinburgher Walk of Fame hinterlassen.




Zwischen historischer Altstadt und der Neustadt gab es einst einen See, den Nor' Loch. Dieser wurde trockengelegt, um die Neustadt attraktiver für die reiche Bevölkerung zu machen... Denn er diente der Altstadt als großes Abwasserbecken und wurde nebenbei auch für die berüchtigten "Hexenproben" genutzt. Man band die Verdächtigen an Händen und Beinen zusammen und warf sie in den See. Gingen sie unter, so waren sie unschuldig und verdienten eine anständige Beerdigung. Trieben sie auf oder befreiten sich gar aus ihren Fesseln, dann waren sie der Hexerei schuldig und wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder gehangen. Viele Optionen gab es nicht 🙈 Mittlerweile hat man die Mulde des ehemaligen Sees allerdings in einen hübschen Park verwandelt, der nicht mehr an seine grausige Vergangenheit erinnern lässt.

Dahinter thront das Monument zu Ehren von Sir Walter Scott. Der Jurist und Dichter ist wohl einer der berühmtesten Schotten und wird auch entsprechend von seinen Landsleuten verehrt.


Das schottische Wappentier ist übrigens das Einhorn. Wie man bitte darauf kommt? Ganz einfach: das Einhorn ist das einzige Tier in der Mythologie, dass den Löwen töten kann. Und wer hat den Löwen in seinem Wappen?Natürlich die 'Sasainnachs', die Engländer, der alte Erzfeind. Das Einhorn prangt entsprechend auch auf der Säule, die früher einmal Mittelpunkt des Marktplatzes auf der Royal Mile war.


Unweit davon findet man das 'Heart of Midlothian' im Boden eingepflastert. Die wohl meistbespuckteste Stelle Schottlands. Früher befand sich an dieser Stelle der Eingang zum Old Tolbooth Gefängnis. Da auch das keine einladender Ort war, demonstrierte man seine Abscheu mit einem kräftigen Rotzer vor die Tür. Das Gebäude steht schon lang nicht mehr, die Tradition ist geblieben. Manch ein Tourist glaubt mittlerweile, es bringe Glück auf das Bodenmosaik zu spucken, für die Einheimischen ist es immer noch ein Ausdruck der Verachtung. Eine weitere Legende ist auch, dass man niemlas durch das Herz durchlaufen sollte, denn das würde verhindern, dass man jemals seine wahre Liebe treffen würde. Ich habe es also tunlichst vermieden, es zu kreuzen. Auch um meine Füße nicht aus Versehen zum Ziel etwaiger Spuckereien zu machen.


Und das Edinburgh-Highlight darf natürlich nicht verschwiegen werden: das Castle. Aktuell schon in Vorbereitung auf die Festivitäten im August, u.a. das Military Tattoo (DAS Dudelsack-Festival schlechthin), mit zusätzlicher Besuchertribüne ausgestattet.
Der Felsen, auf dem die Burg steht, ist aus Basalt. Diese Gesteinsart ist so hart, dass sie selbst aufprallende Gletscher spaltet. Genau so ist die Stadt auch entstanden: der Gletscher schob sich links, rechts und oben über den Castle-Rock, deswegen hat die Altstadt nun diese Schieflage.




Und übrigens: dieser handsome young laddie ist Dudelsackspieler #2.


Gefolgt von #3 auf dem Bagpipe-Ticker 😜







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