Im ursprünglichen Plan wollte ich nach Kaunas zwei Tage Ostseestrand anschließen. Doch wie das Leben so spielt, sollen die kommenden Tage etwas regnerisch werden und da ich doch mobil und flexibel bin, muss ich es ja nicht erzwingen. Also Ringelreise einfach umgekehrt und auf in's Landesinnere.
Nördlich von Vilnius hielt ich zum ersten Mal an. Genau an dieser Stelle, wo behaupten zumindest viele Kartographen, befindet sich der geografische Mittelpunkt Europas. 54°54' nördlicher Breite und 25°19' östlicher Länge ist also das Zentrum unseres Heimat-Kontinents - wow. Da der Stein, welcher genau auf diesen Koordinaten liegt, offenbar nicht ansprechend genug war, errichtete man gleich daneben noch ein pompöseres Denkmal. Das steht genau auf dem Gipfel einer alten heidnischen Opferstätte... Zufälle gibt's... 😉 Rings um den Platz herum feiert sich die litauische Elite übrigens selbst auf dem Golfplatz.



Alles gesehen - weiter geht's, nach Puntukas. Hier liegt der wohl berühmteste der knapp 150 riesigen Findlinge auf litauischem Territorium. Um den Teufelsstein rankt sich die Sage, dass der Teufel damit den Bau einer Kirche verhindern wollte. Er schleppte den Stein und wollte ihn gerade zur Baustelle hin werfen, da krähte ein Hahn. Der Teufel erschrak sich quasi zu Tode, ließ den Stein fallen und platzte unter seinem Gewicht 👹.
1943 wurde hier ein Denkmal für berühmte litauische Piloten, die beim Versuch der Atlantiküberquerung leider tödlich kurz vor ihrem Ziel verunglückten.
Unweit entfernt vom Teufelsstein steht eine heilige Eiche. Dem baltischen Volke war der Wald stets heilig. Speziell Eichen, die über 1000 Jahre alt werden können und für Robustheit und guten Heizwert stehen würden verehrt. Auch wenn hier heute den alten Göttern keine Opfer mehr erbracht werden, so werden wenigstens die Bäume weiterhin gehegt und gepflegt. Scheint doch nicht alles alte Brauchtum verloren gegangen zu sein.
Fun fact direkt von der Straße: Heute habe ich ganz offiziell, mit über 30 Jahren, mitten in Litauen, meinen allerersten polizeilichen Alkoholtest absolviert. Das scheint am Samstag Mittag um 12.30 Uhr auf der Landstraße in der Pampa eine ganz normale Sache zu sein. Da werden alle vorbei fahrenden Autos kurz rechts ran gewunken und nacheinander darf jeder mal pusten. Natürlich 0,0 - gute Weiterfahrt.
Letzter Zwischenstopp für heute war das Freilichtmuseum in Kleboniškiai. Hier taucht man in die ländliche Welt des 19. Jh. ein. Neben den Wohnbereichen sind auch viele alte Gerätschaften und Handarbeit ausgestellt.
Die Gerüche von Scheune und Geräteschuppen sind mir aus meiner Kindheit bei meinen Großeltern noch sehr vertraut und haben sofort schöne Erinnerungen geweckt. Obwohl auch eine meiner Kommoden noch sehr lang nach ähnlichem Schmierfett roch 😅









Ich wollte schon weiter düsen, da lockte mich ein Schild zu sich. Darauf war ein Hügelgrab ausgeschrieben, was ich mir nun wirklich nicht entgehen lassen wollte. Die Legende zum Hügel sagt, dass darauf eine Festungsanlage stand, man fand auch Tonscherben, die auf Besiedelung schließen lassen. Als dann aber damit begonnen werden sollte, den Hügel unzugraben, um zu schauen, was er noch alles verbarg, hatte der Ausgrabungsleiter einen Traum: würde man eine Taube finden, so würden alle Bewohner der angrenzenden Siedlung für alle weiteren Generationen in Glück und Wohlstand leben. Würde man aber einen schwarzen Raben finden, so hätten sie Pech für immer und würden von fortan das Ungemacht anziehen. Aus Angst vor dem Ergebnis weigerte sich der Leiter weiter zu graben und wies auch seine Mitarbeiter an, die Schaufeln sinken zu lassen. Einige von ihnen waren jedoch nicht so abergläubig und gruben weiter. Doch egal wie viel sie tagsüber aushoben, über Nacht füllten sich die Gruben wieder - als Strafe für ihre Ungläubigkeit. Fakt ist: es hat bis heute keiner wieder weitergegraben und niemand weiß, was dieser Hügel verbirgt.
Nach so viel Action in der Stadt freue ich mich auf Ferien auf dem Bauernhof. Die Nacht verbringe ich quasi in der litauischen Antwort auf Tiny Houses und werde morgen früh hoffentlich nicht allzu zeitig vom Hahnenkrähen und Ziegengemecker geweckt 😋
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