Die Kurische Nehrung

Zeitiges ins Bett gehen zahlt sich insofern aus, dass man auch wieder zeitig aufstehen kann, um eine frühe Fähre zu bekommen - mehr Zeit auf der Kurischen Nehrung. Es war schon etwas merkwürdig, im Auto zu sitzen, dass sich bewegt, ohne dass man irgendwie Kontrolle darüber hat 🙆🏽‍♀️ 



Dieser Teil Litauens ist mit Abstand der teuerste. Ich habe schon fast 50€ ausgegeben und habe noch keinen Fuß auf kurisches Geländ gesetzt. Aber jetzt weiß ich wenigstens wieder, wofür ich mich Mo - Fr stundenlang an den PC setze 😅

Erster Stop: der Hexenhügel in Judokrante. Diesmal keine heidnische Opferstätte, aber immerhin der Ort, an dem die Neringer (vor Einzug der Deutschordensritter 🙄) ihr Sommersonnenwendfest begangen haben sollen. Diese Überlieferung und die vielen Sagen und Märchen, die dieses Fleckchen Erde umranken, haben dazu geführt, dass man ihnen den 1970ern einfach eine eigene Bühne gegeben hat. Mittlerweile werden jedes Jahr fleißig die über 50 Skulpturen aus Eichenstämmen restauriert und neukreiert, was natürlich auch die Touristen anlockt.

Diese hier stellt die Geburt der Neringa dar. Sie war eine Riesin und Königstocher, von unglaublicher Stärke. Deshalb sollte nur der sie heiraten, der ihr auch gewachsen war. Er sollte in der Lage sein, einen Stein über das ganze Kurische Haff werfen zu können. Es fand sich schließlich ein Edelmann vom Festland, doch das Meer war so erzürnt über die Wahl, dass es Sturm und Flut schickte, um die Hochzeit zu verhindern. Doch die Riesin Neringa stieg ins Wasser und begann den Sand aus ihrer Schürze ins Meer zu schütten, um so einen Schutzwall vor den Naturgewalten zu schaffen. So entstand vielleicht die Kurische Nehrung, 'Neringa' ist bis heute ihr litauischer Name.





Auch einen Drachentöter soll es hier gegeben haben.



Und wo so viel sagenhaftes stattfand, kann der Teufel doch nicht weit sein. Der krabbelt hier im Wald aus seinem Höllentor.


Judokrante liegt, wie übrigens alle Orte auf der Kurischen Nehrung, am Haff, nicht an der Ostsee. Auch im Haff ist Salzwasser, es wird ja quasi von der See genährt. Meist haben beide Seiten der Nehrung ganz anderes Wetter, je nachdem von wo der Wind bläst. Außer gestern, da war wohl überall Chaos, wenn nicht einmal die Fähre für 10 Minuten Übersetzen sich traut auszulaufen 🌬️
Außerdem soll wohl auch das Haff der weitaus stürmischere Part sein. Kaum zu glauben, wenn man dieses seichte Wässerchen so sieht.


Weiter südlich, zwischen Judokrante und Nidda, liegen die toten Dünen.
Diese sind ein Naturschutzreservat und dürfen nur über den ausgeschriebenen Pfad begangen werden. Das hilft einfach dabei, die Natur rundherum so pur wie möglich zu erhalten. 

Tot nennt man die Dünen, weil sie wandern und alles unter sich begraben. So haben sie auch bereits ganze Dörfer gefressen. Mancherorts, seien aus dem Sand plötzlich hunderte Skelette aufgetaucht, weil die Dünen einen alten Friedhof plötzlich durch ihr weiterwandern wieder freigegeben haben.
Die starke Versandung der Kurischen Nehrung wurde durch die Abholzung der natürlichen Wälder beschleunigt, ursprünglich gab es hier nämlich satte Mischwälder aus überwiegend Fichte und Eiche.  Mittlerweile gibt es hauptsächlich - ich nenne ihn mal ganz frech - den preußischen Kiefernwald.



Den 3 Ortschaften, die unter der Düne begraben sind hat man sogar ein Denkmal gesetzt. 


Manchmal sieht der Sand fast aus wie Marmor und bringt bizarre Muster hervor. Vielleicht versteckt sich hier auch ein Sanddrache? 🐉



Gibt es einen besseren Spot für das Mittagessen? Wohl kaum! Klassisch ostdeutsch hab ich mir eine ordentliche Bemme geschmiert 🤭



Heute durfte auch endlich wieder das Fahrrad in Aktion treten. 
Es gab heute wirklich viele Momente, in denen ich absolut dankbar und glücklich war für die Freiheit und das Privileg was ich doch habe, so wundervolle Reisen unternehmen zu dürfen. Auch die tollen Gegenstände, die mich begleiten - der Mokka, das Rad, die Hängematte, ... - DANKE für eure Unterstützung und treue Begleitung!


Und dann war es endlich so weit: Sonne lacht, Brise ist seicht, genug erlebt und ab ins Wasser. Mit Erschrecken habe ich festgestellt, dass ich bestimmt 15 Jahre lang nicht mehr in der Ostsee gebadet habe und das obwohl es doch quasi auch unser deutsches Hausgewässer ist 😱


Als ich dieses Jahr im Februar zum Fasten an der Ostsee war, habe ich mir witzigerweise dieses Buch mit Geschichten über die Kurische Nehrung gekauft, ohne zu wissen, dass ich noch im selben Jahr auf selbiger sitzen werde, um es zu lesen. Es hat auch einfach bis zur Abfahrt in meinem Regal gewartet und jetzt ist der exakt richtige Zeitpunkt gekommen. Wunderschön.


Aber nach über zwei Stunden Rumgeliege in der Sonne war ich zum einen gar und zum anderen hatte ich auch Hummeln im Hintern. 
Die Nehrung liegt tatsächlich zum Großteil auf russischem Gebiet, Kaliningrad ist quasi gleich nebenan. Soll mich doch erst Mal einer stoppen 🤪
Mit dem Rad auf der gesperrten Straße zum geschlossenen Grenzübergang - bisschen mulmig war mir tatsächlich schon. Aber da Grenzerfahrungen ein deutsches Phänomen zu sein scheinen, traf ich noch einige andere Landsmänner und -frauen mit der gleichen Mission. Wir bestärkten uns gegenseitig, aber etwa 100 m davor würden wir von einem äußerst netten litauischen Grenzer gestoppt, der uns wirklich freundlich nahelegte jetzt umzudrehen.




Doch einen Tagesordnungspunkt gab es für heute noch: die Panidder Düne mit der großen Sonnenuhr auf dem Gipfel. 


Hier überblickt man ein gar wüstenartiges Terrain.. und natürlich bis nach Russland. Kaum zu glauben, wie riesig auch dieses Haff ist, man sieht das Land am Horizont gar nicht mehr.


Und noch etwas gibt es zu feiern: mein erste Nacht auf einem offiziellen Campingplatz. Das begieße ich direkt mit dem Nationalgetränk litauischem Wodka.


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