Planabweichung
Mystisch liegt es im Wald, das Mausoleum welches auch die Pyramide von Rapa genannt wird. Angeblich sei es auf einer sogenannten Ley-Linien errichtet, die es mit den Pyramiden in Ägypten verbindet. Es wurde Ende des 18. Jh. von einem Herrn von Fahrenheid erbaut, der einen Faible für Kunst und insbesondere Ägyptologie hatte, um seine 3-jährige Tochter darin zu bestatten.
Nach der Entsiedelung zu Ende des zweiten Weltkrieges wurde die Grabstätte mehrfach geplündert und verfiel dann zusehends. Erst 1990 begann man wieder mit der Restaurierung.
Auf meiner ganzen Reise hatte ich noch keinen einzigen Gewaltmarsch unternommen - eine Schande! Deshalb wollte ich heute gern in der Nähe der Rapa-Pyramide noch ein paar Schritte tun. Ich hatte mir eine angenehme Tour zusammen gestellt und musste dann allerdings mitten im Wald feststellen, dass da wo ein Weg sein sollte kein Weg war. Normalerweise hätte ich mich einfach weiter durch das Unterholz geschlagen und dann wäre irgendwo schon wieder ein Weg gekommen... Das geht so in Deutschland. Hier gibt es richtige Wälder. Hier kann man wahrscheinlich tagelang in eine Richtung laufen und wird auf keinerlei Zivilisation treffen. Auch ist Wandern hier scheinbar keine so populäre Unternehmung wie bei uns, man wird regelrecht blöd angegafft, wenn man im Outdoor-Outfit unterwegs ist. Hinzu kam, dass ich mein Handy in den Flugmodus schicken musste, da es mich bereits in Russland begrüßt hatte. Also war ich vernünftig - ja, das kann ich tatsächlich auch - und kürzte meine Route entsprechend, damit ich nur auf richtigen Wegen unterwegs bin. Manchmal soll es eben einfach nicht sein.
Dafür traf ich auf eine Kreuzotter, habe ich so noch nie in freier Wildbahn gesehen. Natürlich hätte ich Respekt, aber sie ließ mich ganz entspannt passieren.
Diesmal in Deutsch wurde ich gefragt: warum, wieso, weshalb, wo steht Auto? Nach dem ich versprochen hatte rechts abzubiegen und auf keinen Fall die Straße links lang zu gehen, durfte ich weiter ziehen. Dabei wirkt sie doch so unscheinbar...
Irgendwie war das alles unbefriedigend. Mein Plan für den heutigen Tag war so gar nicht aufgegangen. Was macht man in so einem Fall? Treiben lassen. Augen auf und schauen, was einem das Universum noch so schenken will.
Ein Schild lachte mich an und so landete ich also kurzerhand in der Republika Ściborska. Ich habe so mein Ding mit Grenzübergängen 😅 hier war ich aber deutlich willkommener. Leider war das Fotos schießen untersagt. Eine Familie selbsternannter Scouts, Pfadfinder oder wie auch immer führt hier so eine Art Aussteiger-Leben und erklärt den Besuchern gern, was sie hier so treiben. Ein junger Mann gab sich wahnsinnige Mühe mir auf holprigem Englisch zu erklären, dass sein Vater einer der wenigen Polen ist, die jemals das härteste norwegische Schlittenhunderennen abgeschlossen haben. Auf dem Grundstück leben rund 20 Huskies, die bei diesen Temperaturen natürlich nur dösen wollen. Im Winter bräuchten sie dafür aber jeden Tag ihre 30 km Trainingsstrecke. Außerdem sammelt die Familie mit Leidenschaft Inuit- und Indianer-Kram, der auch dort ausgestellt ist. Man kann auch in Trapper-Hütten biwakieren. Ich wollte ihn nicht weiter mit Fragen quälen, es standen auch schon die nächsten Besucher Schlange. Wo einen das Leben eben manchmal so hintreibt...
So hatte ich dann auch endlich wieder ein Auge für die schönen, einfachen Dinge vor meiner Nase.
In meiner Glückseligkeit stolperte ich dann quasi über den Góra Zamkówa bei Szurpily, den Burgberg. Völlig unscheinbar entpuppte sich dieser Ort als ein wohl sehr wichtiges Zentrum für die Sudauer, denn hier zwischen drei Seen hatten sie sich eine Festung erbaut, um den Deutschordensrittern die Stirn zu bieten. Das gelang im 13. Jh. nicht ganz so gut, aber später schaffte es die polnisch-litauische Allianz, den Hügel wieder für sich zu gewinnen. Auch hier hatte man viel gegraben und die Legenden sagen, dass die Bauern von Zeit zu Zeit immer noch wertvolle Rüstungsgegenstände aus den längst vergangenen Schlachten finden.
Zu Ehren der heidnischen Vorfahren, über die ich nun in den letzten Wochen so viel lernen durfte, habe ich heute sogar noch ein Maispüppchen gebastelt.
Gestern war der pagane Festtag 'Lammas', das erste von 3 Erntefesten. Hier wird überall fleißig das Korn gedroschen und ich habe mir heute auch einen Beutel voll Marillen pflücken dürfen. Zeit Danke zu sagen und sich bewusst zu machen, dass eine Pflanze stirbt, um unseren Teller zu füllen. Aber in den Früchten steckt auch der Samen, aus dem im nächsten Jahr wieder eine neue Pflanze wächst. Die Tage werden wieder kürzer, wir schreiten auf die dunkle Zeit zu. Aber mit absoluter Gewissheit, kommt auch danach wieder Licht.
Doch bis zum kürzesten Tag im Dezember ist noch ein viel Zeit. Was hast du gesät und willst bis dahin noch ernten?
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